Bürger dürfen nicht mitentscheiden
Greifswalder Bürgerschaft lehnt Dialog über Flächennutzung ab



Foto: Gerd Ostermann
12. Juli 2018 - Am 2. Juli entschied die Greifswalder Bürgerschaft über ein „Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft“ für die zukünftige Nutzung städtischer landwirtschaftlich genutzter Flächen. Der NABU Greifswald hatte im Vorfeld mit einer Stellungnahme die Beschlussvorlage als nicht zielführend kritisiert, im Hinblick auf einen wirksamen, langfristig nachhaltigen Biodiversitäts- Boden- und Trinkwasserschutz sowie einen Strukturwandel hin zu einer Landwirtschaft, welche das öffentliche Interesse an einer multifunktionalen Landschaft berücksichtigt.
Öffentlichkeit darf bei der Ausgestaltung der Landnutzung des öffentlichen Landes nicht mitreden
Der NABU Kreisverband Greifswald hat gemeinsam mit lokalen Umwelt- und zivilgesellschaftlichen Verbänden während der Bürgerschaftssitzung mit einem offenen Brief für einen Beteiligungsprozess geworben, der alle Akteure bei der Erarbeitung von Konzepten und Leitbildern als Grundlage für den Umgang der Stadt mit öffentlichem Land einbezieht. Dazu gehören nach dem Verständnis des NABU Nutzer, Bewirtschafter, Produzenten, Verbraucher, Verbände, Ortsteil- und Gemeindevertretungen, Zivilgesellschaftliche Verbände, Tourismus-und Umweltverbände.
Dem wollte sich die Greifswalder Bürgerschaft nicht stellen und hat einen Beteiligungsprozess der Öffentlichkeit mehrheitlich abgelehnt. Seitens der Stadtverwaltung und der Fraktion der CDU/FDP wurde vielfach der Ansatz des "Dialoges und der Partizipation" gelobt und als wichtiges Instrument in der Erarbeitung des Konzepts herausgestellt. Vor dem Ergebnis der Abstimmung ist damit folglich NICHT der Dialog und die Partizipation der Bürger gemeint. Die Bürgerschaft setzt weiterhin auf ausschließlich interne Absprachen zwischen Verwaltung und Pächtern. Die Öffentlichkeit darf bei der Ausgestaltung der Landnutzung des öffentlichen Landes nicht mitreden.
Mit dem Bürgerschaftsbeschluss ist die Chance auf eine schrittweise Reduktion von Glyphosat, Neonicotinoiden und anderen die Biodiversität beeinträchtigen Stoffen durch ein Verbot bei Pachtverlängern und Neuverpachtung (mit einer zusätzlichen Umstellzeit von 3 Jahren) auf städtischen Eigentumsflächen vorerst vertan. Ebenso die Möglichkeit einer bewussten Vergabe von öffentlichem Land hinsichtlich der Achtung des Gemeinwohls, neben dem unternehmerischen Handeln der Landwirte, wie es beispielsweise durch die Landgesellschaft seit sechs Jahren erfolgreich praktiziert wird und somit ländliche Strukturen fördernd mitgestaltet werden können - angefangen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen bis hin zur Entwicklung eines attraktiven Landschaftsbildes.
Es geht um die Grundsatzfrage, wie wir mit öffentlichem Land umgehen wollen
Der NABU begrüßt die durch die Bürgerschaft angenommene, von den Grünen eingebrachte Änderung der Beschlussvorlage zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Somit bekennt sich Greifswald zur Schaffung von 20% ökologischer Landwirtschaft in der Fläche.
Leider war die auf die Nutzung des Pflanzengifts Glyphosat reduzierte Berichterstattung der lokalen Presse zu diesem Thema irreführend und verfehlt den Kern der Debatte. Es geht vielmehr um die Grundsatzfrage, wie wir mit unserem Land umgehen wollen. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit ist dabei eine Grundvoraussetzung für eine durch alle Akteure der Gesellschaft getragene Antwort. Der NABU Greifswald wird sich auch weiterhin für eine Partizipation der Bürger beim Dialog rund um die Ausgestaltung der Landschaft um Greifswald einsetzen.
Mehr Infos unter www.nabu-greifswald.de
Am 2.7.2018 entscheidet die Greifswalder Bürgerschaft über die zukünftige Nutzung der städtischen landwirtschaftlichen Flächen. Der NABU fordert dafür mehr Bürgerbeteiligung für die Entwicklung eines Leitbilds zur nachhaltigen Nutzung der Flächen. Mehr →