Verbot von Bleimunition nicht verzögern
Alle Argumente gegen Einführung bleifreier Jagdmunition sind ausgeräumt
Verzögerungstaktik beim Verbot von Bleimunition beenden
Alle Argumente gegen Einführung bleifreier Jagdmunition sind ausgeräumt
Zwischen bleifreier und bleihaltiger Jagdmunition wurde kein Unterschied bei der Tötungswirkung festgestellt. So das Ergebnis der Studie „Ergänzende Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse“ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vom November 2012. „Damit steht einer möglichst bundesweiten Einführung bleifreier Jagdmunition mit gleichzeitigem Verbot bleihaltiger Jagdgeschosse nichts mehr entgegen“, sagt NABU-Landesvorsitzender Stefan Schwill.
Bleihaltige Munition belastet das hochwertige Lebensmittel Wildfleisch und vergiftet bedrohte Tiere wie den Seeadler. Der NABU fordert deshalb seit langem ein bundesweites Verbot von Bleimunition bei der Jagd. Dagegen hat sich bisher jedoch vor allem aus Kreisen der Jägerschaft starker Widerstand geregt. Zunächst wurden Zweifel an der Sicherheit aufgrund des Abprallverhaltens von bleifreier Munition laut. Ballistische Untersuchungen durch die Deutsche Versuchsanstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) haben jedoch gezeigt, dass sich bleihaltige und bleifreie Munition in dieser Hinsicht nicht unterscheiden. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass bleifreie Munition kein erhöhtes Risiko für Jagende, Gejagte oder die Umwelt darstellen“, so Stefan Schwill.
Wissenschaftliche Erkenntnisse endlich in Jagdpraxis aufnehmen
Wenngleich seit vielen Jahren bleifreie Munition eingesetzt wird – so konsequent und sehr erfolgreich auch in den Jagdbezirken des NABU – wurden Zweifel an der jagdpraktischen Tauglichkeit und Tötungswirkung von bleifreier Munition geltend gemacht. „Mit der aktuellen Studie ist nun der Nachweis erbracht, dass sich auch bei der Tötungswirkung bleifreie und bleihaltige Munition nicht unterscheiden. Damit sind alle bisher geäußerten Zweifel eindeutig ausgeräumt“, so Schwill. „Der nun vorgebrachte Verweis auf das Abwarten eines weiteren Gutachtens, das sich mit der Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret befasst, ist reine Verzögerungstaktik.“ Selbst das Bundeslandwirtschaftsministerium, das für die vorliegende Studie verantwortlich zeichnet, hat das Thema Bleimunition in seinem Ende November 2012 erfolgten Versuch einer Änderung des Bundesjagdgesetzes vollständig ausgeklammert. Nach Ansicht des NABU ist das ein Skandal.
Die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern spricht sich zumindest ausdrücklich für eine wissensbasierte und schnelle Entscheidung über die Verwendung bleifreier Munition aus. Doch auch der zuständige Minister Till Backhaus verweist darauf, dass man die Ergebnisse des Projektes zur Lebensmittelsicherheit abwarten werde. „Angesichts der Erkenntnisse, die wir von den nachweislich an Bleivergiftung verendeten Seeadlern und anderen Greifvögeln mittlerweile haben, ist dieses Vorgehen vollkommen unverständlich und grob fahrlässig“, so NABU-Vorsitzender Schwill.
Gesetzgeber ignoriert Gesundheitsrisiken
Seit vielen Jahren sterben Greifvögel an Munitionsresten, weil in ihren extrem säurehaltigen Mägen das Blei sofort gelöst wird und nicht mehr ausgeschieden werden kann. Auch im Wildfleisch führen bereits kleinste Bleisplitter und der Bleiabrieb zu bedenklichen Dosen des Umweltgiftes in der Nahrungskette. Damit gehört Wildfleisch nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu den am höchsten mit Blei belasteten Lebensmitteln. Selbst eine umfangreiche Entfernung des Fleisches rund um den Schusskanal reiche nicht immer aus, um die vergleichsweise hohe Kontamination des gewonnenen Fleisches zu vermeiden, heißt es in einer Stellungnahme des BfR vom 3. Dezember 2010. Besonders Kindern, Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch wird empfohlen, auf den Verzehr von mit Bleimunition erlegtem Wild zu verzichten, wie aus einer Presseinformation des BfR vom 19. September 2011 hervorgeht.
Dass all diese Hinweise und Warnungen jedoch bei weitem nicht von allen Jagenden ignoriert werden, begrüßt der NABU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich. So empfiehlt der Kreisjagdverband Nordwestmecklenburg seiner Jägerschaft, zeitnah auf bleifreie Munition umzusteigen. Auch die Bürgerschaft Greifswald hat die ausschließliche Verwendung von bleifreier Munition auf städtischen Jagdflächen beschlossen.
Im März ist ein bundesweites Symposium zur Verwendung von Jagdmunition geplant, bei dem die Forschungsergebnisse vorgestellt werden sollen. Auf der nachfolgenden Agrarministerkonferenz im April soll das Thema dann unter Einbeziehung der aktuellen Forschungsergebnisse ebenfalls auf der Tagesordnung stehen. „Spätestens hier muss Minister Backhaus erkennen, dass es keinerlei Argumente für Bleimunition mehr gibt und sich für ein Verbot, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene einsetzen“, so NABU-Landesvorsitzender Stefan Schwill. „Es existiert einfach kein nachvollziehbarer Grund, warum weiter an Bleimunition festgehalten werden sollte.“
Den Abschlussbericht zum BMELV-Forschungsvorhaben „Ergänzende Untersuchungen zur Tötungswirkung bleifreier Geschosse“ können Sie hier herunterladen:
Das DEVA-Gutachten zum Forschungsvorhaben „Abprallverhalten von Jagdmunition“ vom 15. Februar 2011 finden Sie hier: