Der Eremit
Verborgenes Leben im Mulm
Wahrscheinlich denken Sie jetzt, dieser Beitrag handelt von Menschen, die zurückgezogen irgendwo in der Einöde leben. Nein, Einsiedler sind nicht gemeint. Hier geht es um einen Käfer, der aufgrund seiner speziellen Lebensraumansprüche heute immer mehr in Not gerät. Der Eremit ist ein relativ plump wirkender Blatthornkäfer. Seinen Namen verdankt er seiner verborgenen Lebensweise in Baumhöhlen. Mancherorts wird er auch Juchtenkäfer genannt, weil die Männchen einen besonderen Duftstoff aussenden, der die Weibchen anlockt und nach Juchtenleder riecht. Zwei bis vier Zentimeter groß wird so ein Eremit. Er ist braunschwarz gefärbt und die Oberseite schimmert oft leicht metallisch. Die Augen des Eremiten sind verhältnismäßig groß und halbkugelig geformt – eine Anpassung an das Leben in dunklen Baumhöhlen. Die Beine und Fühler sind schwarz.
Stubenhocker
Der Eremit lebt in einer Baumhöhle, die er oft sein ganzes Leben lang nicht verlässt. An heißen Tagen posieren die Männchen in den Höhlenöffnungen. Dabei geben sie den charakteristischen nach Juchtenleder riechenden Lockstoff ab, der 500 bis 1000 Meter weit wirksam sein soll. Die Paarung erfolgt in der Höhle. Die Weibchen legen 20 bis 80 Eier in den braunen Mulm, das zersetzte tote Holz, der Bäume. Die Larven benötigen drei bis vier Jahre für ihre Entwicklung. Zum Ende der Larvenzeit formen sie sich einen Kokon aus Kot und Mulmteilchen und verpuppen sich darin, um im folgenden Frühjahr als fertige Käfer zu schlüpfen. Je nach Anzahl der Käfer und der Mulmmasse bleiben die geschlüpften Tiere in der Höhle oder verlassen diese. Steht genügend Mulm zur Verfügung, können mehrere hundert Eremiten in einem Brutbaum leben.
Mögen es warm
Flugaktiv werden die Käfer allerdings erst an besonders warmen Tagen, wo man sie dann nicht nur am Eingang der Bruthöhle, sondern auch auf Blüten antreffen kann. Nachdem sie vier Jahre als Larve verbracht haben, sterben die fertig entwickelten Käfer-Männchen bereits nach zwei bis drei Wochen; die Weibchen werden bis zu drei Monate alt. Der Eremit besiedelt lichte Eichen- und Buchenwälder sowie Hutewälder, Parks, Alleen und Streuobstwiesen mit einem hohen Alt- und Totholzanteil. Wichtige Voraussetzung ist das Vorhandensein Mulm gefüllter Höhlen als eigentliche Lebensstätte; die Stämme sollten möglichst besonnt sein. Dabei können fast alle Teile eines Baums besiedelt werden: Von Höhlen im Wurzelbereich bis hin zu hohlen Ästen im Wipfel kann der Eremit alle Bereiche nutzen. Bevorzugt werden jedoch Stammhöhlen oberhalb eines halben Meters über dem Boden. Sie bieten den meisten Platz und somit den meisten Mulm.
Selten gewordener Lebensraum
Wie viele Arten, die auf alte Laubwälder angewiesen sind, hat auch der Eremit es zunehmend schwerer in unserer intensiv genutzten Landschaft. Mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie kommt dem Eremiten europaweit ein strenger Schutzstatus zu. Und das ist auch sehr wichtig! Denn in forstlich genutzten Wäldern darf kaum ein Baum alt werden und absterben, so dass dem Käfer fast nur noch in Schutzgebieten Lebensraum zur Verfügung steht. Der NABU versucht durch den gezielten Kauf von wertvollen Naturgebieten solche Lebensräume dauerhaft für den Naturschutz zu sichern.