Lautlose Jäger der Nacht
Der Waldkauz ist Vogel des Jahres 2017
„Stellvertretend für alle Eulenarten haben wir für 2017 den Waldkauz zum Jahresvogel gewählt. Mit ihm wollen wir für den Erhalt alter Bäume mit Höhlen im Wald oder in Parks werben und eine breite Öffentlichkeit für die Bedürfnisse höhlenbewohnender Tiere sensibilisieren“, erläutert NABU-Präsidiumsmitglied Heinz Kowalski. Eulen sind unverzichtbare Bestandteile der Artenvielfalt. Es gilt, sie zu schützen, ihre Bestände zu stabilisieren oder zu vermehren.
Der Bestand des Waldkauzes in Deutschland beträgt laut dem Atlas deutscher Brutvogelarten 43.000 bis 75.000 Brutpaare und wird langfristig als stabil eingeschätzt. In Mecklenburg-Vorpommern gehen die Experten laut Angaben aus dem Zweiten Brutvogelatlas Mecklenburg-Vorpommern von 2.900 – 4.400 Brutpaaren aus, wobei der obere Bereich mittlerweile als realistisch angesehen werden kann. "Die Schwankungsbreite der Bestandsangaben ergibt sich aufgrund der unmöglichen flächendeckenden Erfassung häufiger Arten", erläutert Ulf Bähker vom NABU Mecklenburg-Vorpommern. "Der Bestand wird in MV als langfristig stabil angenommen." Immerhin handele es sich beim Waldkauz um die in Mecklenburg-Vorpommern am weitesten verbreitete Eulenart, die fast flächendeckend vorkommt. Experten gehen hierzulande von einer Bestandsdichte von 12-18 Brutpaaren pro 100 km² aus. Diese liegt damit höher als im waldreichen Nachbarland Brandenburg, wo nur etwa 11 Brutpaare pro 100 km² vorkommen.
Der für die Arterhaltung entscheidende Bruterfolg hängt jedoch vor allem von der Qualität des Lebensraums ab. Das Fällen alter Höhlenbäume, eintönige Wälder und ausgeräumte Agrarlandschaften ohne Nahrung sind damit die größten Gefahren für einen gesunden Waldkauzbestand.
Nicht nur im Wald unterwegs
Waldkäuze sind lautlose Jäger der Nacht. Sie sehen und hören besonders gut, und finden so präzise ihre Beute. Die Bezeichnung „Kauz“ ist eine Besonderheit im deutschen Sprachraum, denn in anderen europäischen Ländern gibt es kein eigenes Wort für Eulen mit rundem Kopf ohne Federohren – sie werden wie andere Eulenarten allgemein als „Eulen“ bezeichnet.
Auch wenn sein Name anderes vermuten lässt: Der Vogel des Jahres 2017 ist keinesfalls nur im Wald zu Hause, obwohl er sich in lichten Laub- und Mischwäldern am wohlsten fühlt. Als ideal gilt ein Lebensraum mit einem Waldanteil von 40 bis 80 Prozent, dazu Lichtungen und angrenzende Felder. Längst ist er daher auch in städtischen Parkanlagen, Gärten oder auf Friedhöfen mit altem Baumbestand und geeigneten Bruthöhlen zuhause. Dabei kommt er uns Menschen recht nah, wenn er auch eher zu hören als zu sehen ist. Tagsüber versteckt er sich in Höhlen oder in dichten Baumkronen. Die Anpassungsfähigkeit bei der Wahl des Lebensraumes trägt dazu bei, dass der Waldkauz die häufigste Eule in Deutschland ist.
Todesbote und Glücksbringer
Vogel der Weisheit und Aufklärung. Todesbote und Glücksbringer. Wappenvogel der Heilkunst und Patron der überschwänglichen Trinklust: So vielseitig wie gegensätzlich sind die Bezeichnungen der Eule – und damit auch des Waldkauzes – seit Jahrtausenden. In der Antike galt beispielsweise der Steinkauz als „Vogel der Weisheit“ und war ein ständiger Begleiter der Göttin Athene. Seine stoische Mimik wirkte klug und sorgte für Ehrfurcht unter den Menschen. Im Mittelalter wandelte sich das Bild erheblich: Die Eule wurde zum Botschafter von Unglück und Tod, Helfer Satans oder Verkünder von Seuchen und Depression. Die frühchristliche Enzyklopädie „Physiologus“ diffamiert die Eule gar als Kirchenschänder und das „Öl der Lampe der heiligen Maria“ trinkend.
Dass die meisten Eulen ausgerechnet die Nacht bevorzugen, sahen Abergläubige als Beweis für ihr böses Wesen. Die nächtlichen „Ku-witt“-Rufe des Waldkauzes zum Beispiel wurden als „Komm mit“ interpretiert und kündigten den angeblich baldigen Tod eines nahestehenden Menschen an. Wer diesem drohenden Schicksal entkommen wollte, nagelte eine getötete Eule an das Scheunentor.
Das schlechte Image unseres Jahresvogels und seiner Eulenverwandtschaft hat sich glücklicherweise deutlich verbessert. Faszination für das Tier löste den tief verwurzelten Aberglauben größtenteils ab. Eulen sind heute so beliebt wie nie: als Motiv in Kunst und Literatur, Skulptur in Gärten und
Galerien oder farbenfrohes Maskottchen auf Kinderkleidung.
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