Starenschwarm - Foto: NABU/Susanne Hartmann
Schillernde Eleganz im Schwarm
Der Star ist "Vogel des Jahres 2018"
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Jungstare - Foto: Hannelore Müller-Scherz/www.naturgucker.de
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Stare im Frühling - Foto: Jutta und Peter Trentz/www.naturgucker.de
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Stare - Foto: Martin Schroeder/www.naturgucker.de
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Stare auf Schaf - Foto: Petra Kaffenberger/www.naturgucker.de
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Star - Foto: NABU/Günter Stoller
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Star bei der Fütterung des Nachwuchses - Foto: Andreas Schäfferling/www.naturgucker.de
Schwärme mit über einer Million Stare überfliegen jedes Jahr Rom und andere Orte in den Überwinterungsgebieten. Deutschlands größter Starentrupp wurde am 7. September 2016 beobachtet: Sagenhafte 220.000 Stare flogen über Gotteskoogsee in Schleswig-Holstein. Nur wenige Tage später, am 11. September 2016, wurden 100.000 Stare weiter südlich über dem Beltringharder Koog gesichtet. Die alljährlich zu beobachtenden Starenschwärme zählen zu den beeindruckendsten Naturschauspielen überhaupt. Die große Anzahl an Vögeln täuscht jedoch leicht darüber hinweg, dass die Allerweltsvögel allmählich seltener werden. Der NABU und sein bayerischer Partner LBV haben ihn deshalb zum „Vogel des Jahres 2018“ gekürt.
Schon nach der ersten Brutzeit im Frühsommer bilden sich solche Trupps aus Jungvögeln. Gen Herbst werden die Schwärme dann stetig größer. Die Stare schützen sich so vor Angreifern aus der Luft, denn Greifvögel haben es schwer, innerhalb des Schwarms einzelne Vögel zu fixieren. Das Wichtigste ist deshalb die synchrone Bewegung der Stare. Dabei orientiert sich ein jeder Star innerhalb des Schwarms die ganze Zeit an bis zu sieben Vögeln in seiner Umgebung. Zu ihnen versucht er, im Flug immer die gleiche Position zu halten, wodurch die faszinierende synchrone Wellenbewegung entsteht.
Ziel der Tiere sind die südlich gelegenen Überwinterungsgebiete, wobei nicht jeder Star wegzieht. Die mitteleuropäischen Stare ziehen zum Großteil bis in den südlichen Mittelmeerraum und nach Nordafrika, aber auch an die Atlantikküste Frankreichs oder Spaniens. Maximal 2.000 Kilometer werden dafür zurückgelegt. Einige Stare überwintern auch bei uns, meist handelt es sich jedoch um Wintergäste aus Skandinavien oder Osteuropa. Unsere heimischen Stare verzichten vermehrt auf lange Reisen und nehmen schon im Südwesten Deutschlands Winterquartier.
Schleichender Rückgang
In Mecklenburg-Vorpommern wurden bei der letzten Erhebung 2009 zwischen 340.000 und 460.000 Brutpaare gezählt. Deutschlandweit sollen es 2,8 bis 4,5 Millionen sein. Das klingt zunächst viel, jedoch sind das etwa eine Million Starenpaare weniger als noch vor zwanzig Jahren. In der aktuellen deutschlandweiten Roten Liste ist der Star sogar als „gefährdet“ eingestuft worden. Auch in unserem Nachbarland Niedersachsen besetzt der Star in der Roten Liste schon einen Platz auf der Vorwarnliste. Es ist ein schleichender Rückgang, den die Art vollzieht. Geht es dem Allerweltsvogel in städtischen Bereichen sehr gut, schwinden seine angestammten Lebensräume im ländlichen Raum auch hierzulande immer mehr. Ursprünglich bauten die Vögel ihre Nester an Randlagen und Lichtungen von Laubwäldern mit geeigneten Bruthöhlen und offenen Nahrungsflächen wie Wiesen und Weiden in maximal 500 Meter Entfernung. Der Speisentisch des Stars leert sich jedoch zusehends: Viehweiden und extensiv genutzte Wiesen gibt es stetig weniger, Nutztiere werden häufig fast ausschließlich in Ställen gehalten und Beeren tragende Hecken sucht der Star zwischen den riesigen Feldern vielerorts vergebens. Hinzu kommen Biozide und Agrochemikalien, die Nahrungsinsekten vernichten und schließlich in der Nahrungskette landen. Auch Bruthöhlen in alten Bäumen findet der Star kaum noch, weil diese in Wäldern geschlagen werden oder städtischen Bauvorhaben und Verkehrssicherungsmaßnahmen weichen müssen. Kurzum: Dem Star geht es allmählich an den Kragen.
Dabei ist der überaus hübsche Vogel ein echtes Multitalent und sehr anpassungsfähig. Im Frühling zeigt sich der Jahresvogel in einem schwarzen Gefieder, das je nach Lichteinfall metallisch grün, blau oder violett glänzt. Vor allem auf der Oberseite der Weibchen verzieren kleine helle Punkte ihr Prachtkleid. Im Spätsommer mausern sich die Stare. Ihr sogenanntes Schlichtkleid ist dann mit einem regelrechten Perlmuster überzogen, das von den weißen Spitzen der sonst dunkelbraunen Federn stammt. Im Laufe des Herbstes und Winters nutzen sich die Federn ab, werden dunkler und die weißen Punkte verschwinden. Pünktlich zur neuen Brutsaison schillern die Vögel dann wieder in elegantem Schwarz mit prächtigen Glanzeffekten. Zu dieser anmutigen Erscheinung kommt seine Fähigkeit, andere Vogelstimmen oder Umgebungsgeräusche perfekt zu imitieren und in seinen Gesang einzubauen.
Vielfältiger Speiseplan
Oft sieht man die geselligen Vögel in kleinen Gruppen auf kurzrasigen Wiesen und Weiden herumtippeln, wo sie gut an Regenwürmer und Bodeninsekten herankommen. Mit ihrem kräftigen Schnabel stechen die findigen Tiere Löcher in den Boden, die sie durch das anschließende Öffnen des Schnabels vergrößern. Nun spähen sie mit seitlich gerichtetem Blick in das Loch und laufen darum herum, um ihre Beute zu erhaschen. Durch dieses sogenannte „Zirkeln“ finden sie viele Kleintiere, wie Spinnen, Schnecken, Würmer, Larven und Käfer, auf die vor allem der Nachwuchs wegen des hohen Proteingehalts angewiesen ist. Im Laufe des Sommers kommt auch immer mehr pflanzliche Kost hinzu. So nimmt er gerne Beeren von Wildsträuchern und Hecken, aber auch Kirschen und Trauben schmecken ihm. Welcher Gartenbesitzer kennt sie nicht, die Sorge um die schönen roten Kirschen, wenn ein Trupp junger Stare unterwegs ist. Über Jahrhunderte bringen sie wegen dieser Essgewohnheiten vielerorts Menschen gegen sich auf - vor allem dort, wo Starenschwärme z. B. im Weintrauben- und Kirschenanbau große Ernte- und Ertragseinbußen anrichten. Noch in den 80er Jahren wurde deshalb mit Dynamit und Nervengift gegen die heimischen Vögel vorgegangen. So sind damals in Belgien durch Dynamit jährlich 500.000 Stare getötet worden, an zwei Schlafplätzen in Frankreich 1981 sogar fast zwei Millionen Tiere durch den Einsatz von Nervengift.
Solche barbarischen Massentötungen sind hierzulande zum Glück nicht zu vermelden. Der Schutz der Kirschen kann vor allem in Kleingärten auch umweltschonend mit Hilfe eines Netzes erreicht werden. Das sieht zwar nicht sehr hübsch aus, ist aber zeitlich begrenzt und erfüllt seinen Zweck. Und wenn dann im Herbst wieder die Schwärme mit abertausenden Tieren aufsteigen und ihre Choreografien vollführen, ist aller Unmut gegenüber den eleganten Vögeln sowieso wie weggeblasen.
Tipp: Vortrag „Der Star – Vogel des Jahres 2018“, 28. Juni 2018, 18 Uhr, Naturschutzstation Schwerin, Am Strand 9, Schwerin/Zippendorf
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