Haremswächter im Blumenbeet
Die Garten-Wollbiene ist Biene des Jahres 2014
"Der ganze Körper wirkt zwar gedrungen, aber diese Wildbiene ist alles andere als langsam und behäbig", erklärt Katja Burmeister vom NABU Mecklenburg-Vorpommern. "Sie fliegt pfeilschnell und kann im Schwirrflug in der Luft stehen ähnlich einem Kolibri." Nicht ohne Grund wurde die Garten-Wollbiene (Anthidium manicatum) zur Wildbiene des Jahres 2014 gewählt, denn diese faszinierende Wildbienenart hat viele Besonderheiten.
Zum einen sind die Männchen mit 14-18 Millimetern deutlich größer als die Weibchen (11-12 Millimeter) - bei den meisten Wildbienenarten ist es umgekehrt. Außerdem schlüpfen die Weibchen vor den Männchen aus ihren Niströhren, was ebenfalls im Reich der Wildbienen eher selten vorkommt. Viel interessanter jedoch ist ihre außergewöhnliche Verhaltensweise, so die NABU-Bienenexpertin weiter.
Eindringlinge werden attackiert
Die Männchen der Garten-Wollbiene besetzen zur Fortpflanzungszeit, die von Juni bis Oktober dauert, eigene Reviere. Sie patrouillieren an Nahrungspflanzen, um dort auf Weibchen zu warten. Dabei umrunden sie immer wieder eilig die Pflanzengruppe, bleiben ab und zu schwirrend in der Luft stehen, inspizieren dabei einzelne Blütenstände, um dann ihre Patrouille wieder fortzusetzen. Dringen jedoch andere Blütenbesucher in das Revier ein, werden diese sofort von dem Garten-Wollbienenmännchen heftig attackiert.
Dabei ist es ganz egal, ob es sich um einen Konkurrenten derselben Art oder um eine andere Biene handelt. Selbst größere Hummeln werden angegriffen. Und die Wollbienenmännchen sind für ihr rüpelhaftes Verhalten bestens ausgestattet. Denn an ihren beiden letzten Hinterleibsegmenten befinden sich fünf dornige Zacken, die als Waffe zur Revierverteidigung ohne Gnade eingesetzt werden. Beim Angriffsflug krümmt das Männchen seinen Hinterleib nach vorne und schlägt beim Aufprall auf den Eindringling mit den fünf Zacken zu. So manch ein Opfer wird dabei sogar flugunfähig gemacht und stirbt. Dieses Verhalten ist bei Wildbienen einmalig.
Weibchen hingegen werden ganz anders im Revier empfangen. Hier wird aus dem Rüpel der liebestolle Draufgänger. Das Männchen nähert sich bis auf etwa zehn Zentimeter und wartet in der Luft schwirrend ab, welche Blüte sich das willkommene Weibchen aussucht. Landet das Weibchen, um Nektar zu saugen, folgt das Männchen blitzschnell und klammert sich am Rücken fest. Die Paarung beginnt. Auch das wird im Eiltempo abgewickelt. In neun bis vierzehn Sekunden ist alles vorbei - die Nächste kann kommen! "Der Bienenspezialist Paul Westrich beobachtete, dass sich ein Männchen viermal in fünf Minuten mit jeweils einem anderen Weibchen paarte", berichtet Katja Burmeister. "Die Weibchen stehen diesem Tempo in nichts nach: nach nur 35 Sekunden sind sie erneut paarungsbereit." Nach etwa einer Woche geben Wollbienen-Männchen ihr Territorium auf. "Das ist sinnvoll, da in dieser Zeit die Nahrungsquelle an dieser Stelle meist versiegt ist. Sie suchen sich dann eine andere ergiebige Pflanzengruppe und etablieren dort ein neues Revier."
Pflanzenhaare polstern das Nest
Mit der erfolgreichen Paarung ist der Job für die Männchen erledigt. Sich um den Nachwuchs zu kümmern ist ausschließlich Sache der Weibchen und für diese beginnt die Arbeit jetzt erst richtig. Jedes Wollbienenweibchen baut ihr eigenes Nest. Dafür sucht sie sich kleine Hohlräume in Erdlöchern, Felsspalten, gelockertem Mauerwerk oder in alten Holzbalken. Dort legt das Weibchen mehrere Brutzellen hinter- oder nebeneinander an. Die Brutzellen werden mit abgeschabten Pflanzenhaaren ausgepolstert. Besonders beliebt als Materiallieferanten sind Woll-Ziest und Deutscher Ziest, Strohblumen, Muskatellersalbei, Wolliger und Roter Fingerhut, allesamt Pflanzen, die auch in einem naturnahen Garten wachsen. Das Baumaterial wird mit den Beinen festgehalten und im Flug wie ein kleiner Wattebausch zum Nistplatz transportiert. Der Nachwuchs wird sozusagen „auf Wolle gebettet“. Nach der Versorgung der Brutzellen mit Pollen und Nektar verschließt das Weibchen sein Nest mit Steinchen, Pflanzenteilchen und- wolle und beginnt mit dem Bau des nächsten Nestes. Sind alle Nester fertig stirbt das Weibchen. Es dauert etwa ein Jahr bis aus dem Nest der Nachwuchs und somit die neue Generation ausfliegt.
Hilfe für die Garten-Wollbiene
Wenn Sie diese faszinierende Wildbienenart selber einmal in Ihrem Garten beobachten möchten, dann schaffen Sie der Garten-Wollbiene mit einfachen Mitteln eine geeignete Umgebung. Der Lebensraum der Garten-Wollbiene muss genügend Nahrungsquellen (Pollen- und Nektarpflanzen), einen passenden Nistplatz und „Wolle tragende“ Pflanzen als Baustofflieferanten für das Nest bieten. Wachsen im Garten viele einheimische Blütenpflanzen, siedelt sich die Garten-Wollbiene gerne an. Verschiedene Ziestarten werden ebenso gerne als Nektarquelle angeflogen wie Schwarznessel, Salbei, Herzgespann, Kronwicke, Hornklee und Hauhechel. Sie nutzt aber auch Zierpflanzen wie den Muskateller-Salbei oder die Duftende Platterbse (Gartenwicke). Mit einer kleinen Trockenmauer, einem Steinhaufen oder einem alten Baumstamm oder Zaunpfahl an einem sonnigen Standort können Sie der Garten-Wollbiene ohne großen Aufwand einen geeigneten Nistplatz anbieten. Den Verzicht auf Insektizide im Garten dankt Ihnen die Garten-Wollbiene mit ihrem emsigen Treiben und ihrem Nachwuchs, der im nächsten Sommer an selber Stelle zu beobachten ist.
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