Moby Dicks kleiner Bruder
Der Schweinswal im Porträt
Es gibt nur eine einzige Walart, die sich in deutschen Gewässern regelmäßig fortpflanzt. Die Rede ist vom Schweinswal. Der maximal etwa 1,80 Meter lange und höchstens 90 kg schwere Knirps unter den Walen hat damit ungefähr die Größe und das Gewicht eines Menschen. Doch nicht nur darin ähneln die Meeressäuger uns. Die Paarungszeit der Schweinswale fällt in den Sommer. Im Juli und August pflanzen sich die wenigstens dreijährigen, geschlechtsreifen Tiere fort. Nach zehn bis elf Monaten bringen die Schweinswalmütter ihr Junges zur Welt. In der Regel gibt es keine Geschwister. Die kleinen Kälber wiegen bei der Geburt zwischen drei und acht Kilo und sind bis zu 80 cm lang. In den ersten Lebensmonaten werden sie mit einer besonders nährstoffreichen Milch gesäugt. Während dieser Zeit besteht eine sehr enge Verbindung zwischen Mutter und Kalb. Die Anfälligkeit gegen Störungen ist nun am größten.
Lehrjahre sind Herrenjahre
Die ersten zwei bis drei Jahre im Leben eines Schweinswals sind die schwierigsten. Die Sterblichkeit ist in dieser Zeit am Größten. Zwar können Schweinswale rund 20 Jahre alt werden, aber nur fünf Prozent der Tiere erreichen das zwölfte Lebensjahr. Voraussetzung für ein hohes Alter sind gute Lebensbedingungen. Dabei sind diese Meeressäuger nicht sehr wählerisch. Sie sind nicht auf eine bestimmte Fischart angewiesen, sondern bedienen sich bei den Fischen, die sie am leichtesten erbeuten können. Während das in der Ostsee in der Regel heringsartige Fische sind, fressen Schweinswale in der Nordsee vor allem Plattfische, Sandaale, Wittling und Kabeljau. Auch Tintenfische werden nicht verschmäht. Die Wale folgen zumeist in kleinen Gruppen ihren wichtigsten Beutefischarten.
Vorurteile und Futterneid
Auch wenn die genauen Wanderouten und -zeiten nicht bekannt sind, weiß man, dass Schweinswale alljährlich große Wanderungen durchführen. In der Ostsee ziehen sie ganzjährig umher. Der Schwerpunkt ihrer Verbreitung liegt hier aber in den westlichen Bereichen des Meeres. So sind aus der Kieler Bucht winterliche Ansammlungen bekannt. Hohe Schweinswaldichten gibt es auch im Bereich der Flensburger Förde und des Kleinen Belt. Im Fehmarnbelt und westlich des Darß befinden sich zudem wichtige Wanderrouten. Viele der Beutefische des Schweinswals landen auch in den Netzen und auf den Tellern der Menschen. Daher wurden Schweinswale, wie Seehunde und Kegelrobben, lange Zeit intensiv als Schädlinge und Fischräuber verfolgt. Noch in den 1960er Jahren verfolgte man den Schweinswal als Konkurrent der Lachsfischerei. Bis erste Nahrungsanalysen zeigten, dass Lachse gar keine Rolle im Beutespektrum der Tiere spielen.
Rückgang trotz Schutzstatus
Während in der Nordsee ca. 231.000 Schweinswale schwimmen, sieht es in der Ostsee vergleichsweise bescheiden aus. Die Westpopulation besteht aus ca. 15.500 Individuen, wobei der Bestand zwischen 1994 und 2004 etwa um die Hälfte abgenommen hat. Die Ostpopulation steht mit weniger als 600 Tieren sogar kurz vorm Aussterben. Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig: Zusammenbrechende Fischbestände durch industrielle Überfischung, Gifte aus intensiver Landwirtschaft und Industrie sowie die zunehmende Lärmbelastung durch Schiffsverkehr, Saugbagger, Offshore-Windparks und Sonar-Nutzung gelten als Hauptursachen. Ein effektiver Meeresschutz ist wichtig wie nie! Er käme nicht nur den Schweinswalen, sondern auch uns Menschen zu Gute.
Auch acht Jahre nach ihrer Ausweisung wurden in den zehn Meeresschutzgebieten bis heute keinerlei Schutzmaßnahmen eingeführt. Besonders verheerend sind die Stellnetzfischerei und die Fischerei mit Grundschleppnetzen. Mehr →