Alt Zachun ist für Windkraft ungeeignet
NABU fordert ein Ende der Planungen
Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich dafür entschieden, durch die Ausweisung von Windeignungsgebieten in der Regionalplanung einen Wildwuchs von Windkraftanlagen zu verhindern. Diese sollen ausschließlich in festgelegten Eignungsgebieten errichtet werden können und auf den anderen Flächen nicht. Der NABU begrüßt diese Vorgehensweise ausdrücklich. Es ist eine notwendige Korrektur der sehr bedenklichen pauschalen Privilegierung der Windkraft im außerörtlichen Bereich durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
Ausnahmegenehmigung ist inhaltlich überholt
Das Energieministerium hat mit einem Bescheid aus Dezember 2014 eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung der Windeignungsgebiete (Zielabweichung) für Alt Zachun genehmigt.
Dieser Bescheid beruht auf einer inhaltlich inzwischen überholten Einschätzung des Regionalen Planungsverbandes zur Vereinbarkeit des Windparks mit den Festlegungen der Raumordnung. Als weitere Begründung führte das Energieministerium damals an, das Windkraftprojekt habe wegen der vorgesehenen kommunalen und Bürgerbeteiligung einen innovativen Charakter. Auch das ist inzwischen hinfällig, weil die kommunale und Bürgerbeteiligung inzwischen gesetzlich geregelt ist.
Vollkommen absurd und offensichtlich rechtswidrig ist die weitere Erwägung des Energieministeriums, die Abweichung von der Regionalplanung sei zulässig, weil in Deutschland die Energiewende beschlossen worden sei. Die Regionalplanung Westmecklenburg 2011 erfolgte unter Berücksichtigung der Energiewende. Es ist dem Energieministerium zuzugestehen, mit den Inhalten der Raumordnung in Westmecklenburg nicht einverstanden zu sein. Das erlaubt ihm aber keinesfalls, eigenmächtig und entgegen der gesetzlichen Regeln mit Hilfe des Instruments der Zielabweichung als letzte und höchste raumordnerische Instanz aufzutreten.
NABU-Vorstandsmitglied Martin Graffenberger dazu: „An dieser Stelle der rechtlichen Prüfung wäre das Genehmigungsverfahren bei geordneten Verhältnissen mit einem Ablehnungsbescheid zu beenden. Leider scheint eine solche einfach und klar zu begründende Entscheidung in unserem Bundesland derzeit nicht möglich zu sein.“
Mängel der Umweltverträglichkeitsprüfung
In einem Vorverfahren hatte der Investor mit Unterstützung der Genehmigungsbehörde bereits versucht, die Genehmigung der Windkraftanlagen ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu erhalten. Das Verwaltungsgericht Schwerin hatte das mit Beschluss vom 9. Juli 2015 (7 B 1702/15 SN) für rechtwidrig erklärt. Das Verfahren liegt derzeit beim Oberverwaltungsgericht in Greifswald.
Daraufhin hatte der Investor für die identischen Standorte erneut eine Genehmigung beantragt, diesmal ausdrücklich mit Durchführung einer UVP. Die dazu von der Genehmigungsbehörde ausgelegten Unterlagen dokumentieren hinsichtlich des Artenschutzes jedoch erhebliche Ermittlungs- und Prüfdefizite.
Das betrifft verschiedene Vogelarten, insbesondere Weißstorch, Rotmilan, Seeadler und Rohrweihe. Offensichtlich wurde nur ungenügend nach Brutplätzen gesucht. Es wurde veraltetes Datenmaterial zugrunde gelegt. Einige Entfernungsangaben lassen sich nicht nachvollziehen. Die Hauptflugrouten unter anderem der Weißstörche und Seeadler wurden nicht ermittelt.
Schutz des Rotmilans wird vernachlässigt
Unzureichend berücksichtigt wird auch die durch die geplanten Anlagen drohende Gefährdung der im Gebiet lebenden Rotmilane. Bei diesen handelt es sich um eine der durch Windkraftanlagen am meisten gefährdeten Großvogelarten. In der amtlichen Datei der Vogelschutzwarte Brandenburg sind europaweit mit Stand vom 5. April 2017 insgesamt 412 Schlagopfer an Windrädern dokumentiert, davon 350 in Deutschland.
Der NABU hatte in früheren Stellungnahmen bereits auf zwei Horststandorte hingewiesen, sowie auf die Beobachtung, dass weitere Rotmilane im Vorhabensgebiet zu beobachten sind. Dies stimmt mit den Ergebnissen einer Untersuchung überein, die kürzlich im Auftrag des zuständigen Regionalen Planungsverbandes erstellt wurde, wonach unter anderem der überwiegende Teil des Vorhabensgebiets in besonderer Weise als Nahrungshabitat des Rotmilans geeignet ist.
Die bisherige Planung versucht der Gefährdung der Rotmilane durch Neuschaffung von Nahrungsflächen, sogenannten Lenkungsflächen auf der vom Windpark abgewandten Seite des Horstes zu begegnen. Die vorgesehenen Lenkungsflächen sind jedoch bereits aufgrund ihrer Lage nicht geeignet, das Tötungsrisiko für die Vögel ausreichend zu minimieren. Sie liegen deutlich weiter entfernt als ein Großteil der von den Rotmilanen seit Jahren genutzten Nahrungsflächen im Gebiet.
In die Betrachtung der Wirksamkeit der Lenkungsflächen ist augenscheinlich auch nicht eingeflossen, inwiefern diese auch noch von anderen Rotmilanen, den vier im Vorhabensgebiet bekannten Mäusebussardpaaren und auch von Weißstörchen genutzt werden wird. Es ist von einer Anzahl konkurrierender Vogelarten und dadurch einer erheblichen Einschränkung der Lenkungswirkung auszugehen. Dies alles spricht zusätzlich gegen die Geeignetheit der Lenkungsflächen für eine ausreichende Minimierung des Kollisionsrisikos.
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