Der Wald in der Vergangenheit
Historische Nutzungsformen im Wandel der Zeiten
Der Wald gilt als Inbegriff von Natur – er ist aber auch Teil der zivilisierten Welt. Denn die Menschen haben ihn durch ihre Bewirtschaftung geprägt und zu dem gemacht, was er ist: Wirtschaftsfaktor, Erholungsraum, aber auch Kulturgut. Zahlreiche Geschichten und Mythen ranken sich um den Wald, denn er ist ein Ergebnis menschlicher Kultur und seine Entwicklungsgeschichte ist eng verbunden mit der des Menschen.
Heute ist noch knapp ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands mit Wald bedeckt. Ursprünglich war Mitteleuropa ein reines Waldland. Nur in Mooren, Seemarschen und Hochgebirgen fehlte Baumbewuchs. Grund waren die ansteigenden Temperaturen nach der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren, welche die Entwicklung der Waldvegetation begünstigte.
Höhepunkt der Waldrodungen
Zunächst eroberten Birken und Kiefern den bis dahin waldfreien Raum. Diese wurden vor etwa 10.000 Jahren durch Eichenmischwälder verdrängt. Ungefähr 4.000 Jahre später war die Zeit der Buchen gekommen. Sie drangen in die Eichenmischwälder ein und wandelten sie allmählich in Buchenwälder um. Etwa zwei Drittel der Fläche Deutschlands war fortan von Buchenwäldern bedeckt. In den freien Bereichen siedelten sich Menschen an. Um Ackerland zu gewinnen, rodeten sie allmählich den angrenzenden Wald.
Im Mittelalter erreichten die Waldrodungen ihren Höhepunkt. Die Landwirtschaft beanspruchte die ertragreichsten Böden. Der Restbestand des Waldes diente der Energieversorgung und als Quelle für Baumaterial. Die schnell wachsende Bevölkerung war mehr und mehr auf den Rohstoff Holz angewiesen. Auch die sich entwickelnden Gewerbe und Industrien, wie Schiffbau oder Eisenverhüttung, deckten ihren Holzbedarf über Jahrhunderte ausschließlich aus nahegelegenen oder durch Wassertransport zugänglichen Wäldern. Das endete oft mit der Zerstörung ganzer Wälder.
Katastrophale Verarmung der Waldböden
Um den Wald als ausreichende Rohstoffquelle zu bewahren, wurde bereits im 15. Jahrhundert begonnen, die Waldwirtschaft durch Forstgesetze zu ordnen. So wurden für den Brennholzbedarf sogenannte Niederwälder eingerichtet. Um den Holzbedarf für den Hausbau und die zahlreichen Gewerbebetriebe zu befriedigen, wurden Jungbäume gepflanzt, die nach einigen Jahrzehnten als Bau- und Nutzholz geerntet werden konnten. Diese als Mittelwälder bezeichneten Flächen produzierten in der unteren Gehölzschicht als Stockausschlag das nötige Brennholz und lieferten mit der oberen Baumschicht das gewünschte Bauholz.
Daneben wurden die mittelalterlichen Eichen- und Buchenwälder auch zur Waldweide von Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden genutzt. Deren Anzahl stieg mit Wachsen der Bevölkerungszahl ebenfalls stark an, was zur weiteren Zerstörung der Wälder, vor allem durch Verbiss nachwachsender Baumtriebe und Bodenpflanzen, führte.
Weil die weiten Wege in den Wald den Tieren viel Energie abverlangten und folglich Milchleistung und Fleischansatz herabsetzten, gingen die Menschen im 17./18. Jahrhundert dazu über, ihr Vieh im Stall zu halten. Damit kam die Verwendung von Laub und Nadeln als Stalleinstreu als weitere Form der Waldnutzung in den bäuerlichen Dorfwäldern hinzu. Diese Streunutzung war besonders schädlich, da sie nicht nur die Verjüngung der Wälder bedrohte, sondern dem Boden den Humus und damit die Nährstoffe für das Wachstum der Bäume raubte. Das führte zu einer katastrophalen Verarmung der Waldböden mit Konsequenzen, die in manchen Orten teilweise noch heute sichtbar sind. Schlechte Bodenstruktur, übersäuerte Böden und geringe Ertragfähigkeit waren und sind die Folge.
Prinzip der Nachhaltigkeit
Im 18. Jahrhundert gab es in weiten Teilen Europas kaum noch geschlossene Wälder. Als Folge der intensiven Kolonialisierung und Industrialisierung waren die meisten Wälder in den dicht besiedelten Regionen zurückgedrängt und beseitigt, Waldböden ausgeplündert. Wälder, in denen das Vieh weidete, waren stark aufgelichtet. Von den Bäumen, die es noch gab, wurden Zweige und Äste als Brennholz abgeschlagen. Die Humusschicht wurde als Einstreu abgetragen. Den Wäldern fehlten oft jegliche Wachstumsgrundlagen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren nur noch 10 Prozent der heutigen Waldgebiete vorhanden. Hier konnte nur noch radikales Umdenken helfen, wenn in Zukunft noch Holz zum Heizen und für die produzierenden Gewerbe zur Verfügung stehen sollte. Ökonomisch denkende Forstleute begannen vom Prinzip der Nachhaltigkeit zu sprechen. Zunächst im wirtschaftlichen, später auch im ökologischen Sinne. Nur so viel Holz dürfe entnommen werden, wie wieder nachwachse.
Eine der Hauptaufgaben war es, die zahlreichen Nebennutzungen in den Wäldern zu beenden und den Wald vom landwirtschaftlich genutzten Offenland zu trennen. Ein Prozess, der bei vielen Bauern auf großes Unverständnis stieß. Letztendlich wurden die Nebennutzungen aufgegeben, weil sie keinen nennenswerten wirtschaftlichen Ertrag mehr brachten. Mineraldünger ersetzten die Streunutzung, synthetische Harze das Baumharz. Die forstliche Aufbauarbeit dauerte mehrere Jahrzehnte. Es wurden befestigte Forstwege angelegt, die zum Transport des Holzes dauerhaft brauchbar waren. Pflanzstreifen wurden auf quadratkilometergroßen Flächen von Hand gehackt. Wenn möglich, wurden vorhandene Altbestände verjüngt. Andernorts wurden Fichten, Kiefern und andere Holzarten gesät oder gepflanzt.
Nachlassender Druck auf die Wälder
Der Zustand der Wälder blieb jedoch bis Mitte des 19. Jahrhunderts insgesamt schlecht. Noch immer war der Bedarf an Holz riesig, das Ziel der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wäldern kaum zu erfüllen. Erst nach Einführung der Dampfmaschine ließ der Druck auf die Wälder nach. Braun- und Steinkohle konnten gefördert werden und ersetzten die Holzkohle weitgehend. Die Übernutzung der Wälder ließ nach und durch künstliche Aufforstung wurden weite Teile Mitteleuropas allmählich wieder zu Waldland. Wenngleich diese Waldausdehnung genauso wie schon das Ende vieler Nebennutzungen in den Wäldern vor allem wirtschaftliche Gründe hatte.
Nichtsdestotrotz wurde Forstleuten bereits im 19. Jahrhundert allmählich bewusst, dass die neu geschaffenen Wälder auch eine Erholungsfunktion erfüllen.
Wir brauchen den Wald jedoch nicht nur für die Erholung des Menschen, sondern vor allem zum Schutz des Bodens, für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt, als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, als Windschutz, Luftfilter, zur Lärmdämmung und auch zur möglichst schonenden Rohstoffgewinnung. Deshalb sollten die Erfahrungen aus den vergangenen Jahrhunderten in das heutige Handeln im Umgang mit dem Wald einfließen und nicht umkehrbare Fehler nicht wiederholt werden.
Für die Waldflächen des NABU Mecklenburg-Vorpommern gelten daher verbindliche Grundsätze zur Art und Weise der Holznutzung sowie zur Eingriffshäufigkeit und -intensität. Der Waldumbau dient hier vorrangig der natürlichen Entwicklung von Laubwäldern und damit der Herausbildung laubwaldtypischer Lebensraumstrukturen auf den entsprechenden Standorten. Dabei ist der Umbau in der Regel auf die Entnahme von Nadelbäumen beschränkt. Ziel ist es, ein Lichtklima herzustellen, das die natürliche Verjüngung von Laubholz ermöglicht.
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Der NABU Mecklenburg-Vorpommern appelliert eindringlich dafür, den ökologischen Wert der Wälder bei der Diskussion um eine ertragreiche Waldwirtschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Mehr →