Waldwirtschaft kontra Artenvielfalt
Ökologische Bewirtschaftung als Fundament nachhaltiger Holznutzung
Der NABU Mecklenburg-Vorpommern appelliert eindringlich dafür, in den weitgehend durch wirtschaftliche Interessen geprägten Diskussionen vor allem den ökologischen Wert der Wälder nicht aus den Augen zu verlieren. „Leider ist die Praxis der Waldbewirtschaftung weit entfernt vom Staatsziel, die natürliche Vielfalt mit ihrem Arten- und Lebensraumreichtum zu erhalten“, so Ulf Bähker vom NABU Mecklenburg-Vorpommern.
Durch die hohe Holznachfrage sind der Preis und damit der monetäre Wert der Wälder gestiegen. Es wird eingeschlagen wie lange nicht. So wurde in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Jahren verstärkt Starkholz eingeschlagen, obwohl nach den internationalen Vereinbarungen gerade besonderes Augenmerk auf dessen Erhalt gelegt werden müsste. „Die Schere zwischen der Einsicht, die Artenvielfalt im Wald zu bewahren und dem Anspruch, möglichst schnell möglichst viel Kasse zu machen, öffnet sich immer weiter“, kritisiert Bähker. „Hinzu kommen neue Stromtrassen, die Waldgebiete zerschneiden und Windkraftanlagen, die in Wäldern geplant und errichtet werden.“
Dabei sind Wälder wichtige Lebensräume für viele, oftmals bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Diese benötigen vor allem alte, höhlenreiche Bäume und viel Totholz – natürliche Strukturen, die in den meisten klassisch bewirtschafteten Wäldern fehlen. „So gut wie kein Baum erreicht seine natürliche Altersgrenze. Zudem wurden oftmals Baumarten auf Standorte gepflanzt, an denen sie natürlicherweise nicht vorkommen würden. Ohne Pflege würden diese Forste „umkippen“ und sich langfristig wieder in natürlichen Wald verwandeln“, so Forstwirt Ulf Bähker.
Intensive Holznutzung und Schutzgebiete passen nicht zusammen
In der Konvention von Rio (1992) hat sich die Bundesrepublik Deutschland zum Schutz der Artenvielfalt verpflichtet. Europäische Regelungen wie die FFH-Richtlinie und die Ausweisung europäischer Vogelschutzgebiete verfolgen dieses Ziel. „Trotzdem unterscheidet sich die Intensität der Bewirtschaftung auch in Schutzgebieten kaum von der in Wirtschaftswäldern“, so der Naturschutzreferent Ulf Bähker.
Fakt ist: Schon immer wurde der Wald genutzt. Während vor dem Sesshaftwerden der Menschen vor allem Tiere gejagt sowie Waldfrüchte und Pilze gesammelt wurden, nutzte man später das Holz zum Bauen und Heizen. Große Flächen wurden für Siedlungen und zur Anlage von Äckern gerodet. Das Vieh wurde in den Wald getrieben, der Waldboden als Streu genutzt. Dies führte zu einer Aushagerung der Waldböden, es entstanden riesige Heidelandschaften. Der Wald wurde immer weiter zurückgedrängt und durch Übernutzung verändert. Holznot stellte sich ein, es war weniger Holz verfügbar, als gebraucht wurde.
Engagierte Forstleute waren es, die Anfang des 18. Jahrhundert diesem Mangel begegneten und die nachhaltige Forstwirtschaft begründeten. Deren Grundsatz lautet bis heute: Es darf nicht mehr Holz genutzt werden als nachwächst. Den nachfolgenden Generationen sollen mindestens gleiche, wenn nicht sogar bessere Ressourcen zur Verfügung stehen. Dabei ging es allerdings zunächst um den blanken Nutzen des Rohstoffes Holz. Andere wichtige Waldfunktionen waren damals nicht im Bewusstsein.
Mit einem gewaltigen Kraftakt wurden über die Jahre wieder Waldbestände aufgebaut. Dabei pflanzte man bevorzugt gut wüchsige Baumarten wie Fichte und Kiefer, die zudem noch gutes Bauholz abwerfen. „Es entstanden vor allem forstliche Monokulturen aus gleichaltrigen Nadelholzbeständen, die bis heute vielfach die Wälder dominieren“, so NABU-Naturschutzreferent Ulf Bähker. „Ein natürlicher Urwald ist aber vollkommen anders aufgebaut als ein klassischer Forst. Vor lauter Empörung über die Abholzung des Regenwaldes in Dritte-Welt-Ländern bemerken wir gar nicht, dass es unsere Urwälder schon seit Jahrhunderten nicht mehr gibt. Wenn sich daran etwas ändern soll, müssen wir bereit sein, auch die intensive Holznutzung vor unserer Haustür auf ein ökologisch verträgliches Maß zu reduzieren.“
Dieser Beitrag wurde erstellt am 3. Juni 2013.
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