Tötungsrisiko für Zugvögel
Der Genehmigung zugrundeliegende Annahmen sind falsch
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat das Seegebiet nördlich der Halbinsel Fischland-Darß bis Rügen in seinem naturschutzfachlichen Planungsbeitrag zur Raumordnung bereits 2006 als ein Gebiet mit besonderer Bedeutung für den internationalen Vogelzug identifiziert. Das Seegebiet gehört neben dem Fehmarnbelt zu den wichtigsten Konzentrationspunkten des Vogelzuges in der Ostsee und hat eine herausragende Bedeutung für mehrere Wasservogelarten wie zum Beispiel Kraniche, Seetaucher, Trauer- und Eisenten. Während bei Landvögeln die vorherrschende Zugrichtung in der Wegzug-Saison von Nordost nach Südwest verläuft, queren Wasservögel in diesem Zeitraum das Gebiet in Ost-West-Richtung. Der Heimzug verläuft in entgegengesetzter Richtung. Das BfN hat daher in seinem naturschutzfachlichen Planungsbeitrag gefordert, zur Erhaltung durchgängiger Zugkorridore u. a. das Gebiet zwischen Rügen und dem Darß und Südschweden von Vogelzug beeinträchtigenden Wirkungen, z. B. durch Windenergieanlagen, freizuhalten. Diese Position hat das BfN 2016 ebenfalls in das Genehmigungsverfahren Gennaker eingebracht.
Neben dem BfN und dem NABU hatte sich auch das Nationalparkamt Vorpommern ablehnend zum Projekt Gennaker positioniert und auf die erheblichen Auswirkungen für die Vogelwelt ie uch für streng geschützte marine Säugetiere hingewiesen. Dabei nahm das Nationalparkamt auf die raumordnerische Festlegung zum ersten Windpark vor Fischland-Darß (Baltic 1) Bezug. Darin wurde festgestellt, dass weder eine größere Anzahl noch höhere Windenergieanlagen raum- und umweltverträglich errichtet werden können.
Falsche Berechnung des Tötungsrisikos
Die der Genehmigung zugrundeliegende Bestandserfassung ist unvollständig und fehlerhaft. Außerdem werden darin Tag- und Nachtzieher falsch eingestuft. Insbesondere aber sind falsche Annahmen in die Prognose des Kollisionsrisikos eingegangen, wie eine vom NABU beauftragte Untersuchung des unabhängigen Gutachterbüros BIOS zeigt.
Die Genehmigung greift auf eine unzulässige Anwendung des sogenannten 1-Prozent-Kriteriums zurück und nimmt als akzeptables Maß an, dess es ohne erhebliche Auswirkungen auf die Bestände bliebe, wenn ein Prozent aller durch den Windpark ziehenden Vögel durch Kollision getötet würden. Tatsächlich aber bezieht sich das 1-Prozent-Kriterium auf die höchste zulässige Gesamtmortalität einer einzelnen Population pro Jahr unter Berücksichtigung aller Gefahren, neben dem Offshore-Windpark auch Schifffahrt, Jagd etc. Das bedeutet, das StALU hat deutlich höhere Individuenverluste einzelner ARten genehmigt, die jedoch nach EU-Vogelschutzrichtlinie verboten sind.
Außerdem wurde statistisch getrickst: So wurde der zeitliche Bezugsrahmen von 24 Stunden Durchzugszeit gewählt, obwohl das erhöhte Tötungsrisiko auf die Durchflugszeit von maximal einer Stunde bezogen werden müsste. Auch so wurden mögliche Individuenverluste schlichtweg kleingerechnet.
Weitere Kritikpunkte
Das Baugebiet des geplanten Offshore-Windparks vor dem Darß liegt unmittelbar in einem Knotenpunkt des internationalen Vogelzugs und in direkter Nähe zu mehreren FFH- und Vogelschutzgebieten. Diese würden durch den Bau und Betrieb der Anlagen negativ beeinträchtigt. Mehr →
Die Genehmigung für den Windpark verstößt gegen das Bundesnaturschutzgesetz, weil das Verletzungs- und Tötungsrisiko für Schweinswale durch den Windpark erhöht und geschützte Lebensräume stark beeinträchtigt werden. Mehr →
Im April 2020 ist ein Offshore-Versorgungsschiff mit einer Windkraftanlage vor der ostfriesischen Insel Borkum kollidiert. Dieses Havarie-Risiko besteht auch auch beim geplanten Windpark Gennaker vor dem Darß, wird aber bei der Planung nicht ernst genommen. Mehr →
Derzeit ist keine Genehmigung einer Netzanbindung durch die Bundesregierung in Sicht. Dennoch hat das StALU die Genehmigung zum Bau des Offshore-Windparks erteilt - obwohl es derzeit keine Grundlage für die Notwendigkeit gibt, weil eine Nutzung der zu erzeugenden Energie derzeit gar nicht möglich ist. Mehr →
Aktuelles
Der NABU hat Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Offshore-Windparks Gennaker in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns eingelegt. Massive Umweltschäden können von den rund 103 Windenergieanlagen zehn Kilometer nördlich des Darß ausgehen, insbesondere für Zug- und Rastvögel. Mehr →