Fledermauszug über dem Meer
Projekt untersucht Kollisionsrisiko mit Offshore-Windenergieanlagen



Rauhautfledermäuse ziehen im Herbst offenbar regelmäßig über die Ostsee. - Illustration: Stefanie Gendera
Das im Oktober 2019 gestartete BfN-Projekt „Batmobil“ untersucht, welche Faktoren das Kollisions- und somit Tötungsrisiko für Fledermäuse mit Offshore-Windenergieanlagen erhöhen. Den Schwerpunkt bildet eine Feldstudie, die Erkenntnisse zu Verdichtungsräumen und Flugrouten über der Nord- und Ostsee sowie zum Verhalten von über den Meeren wandernder Fledermäuse liefern soll.
Im Jahr 2020 wurden dafür während der Frühjahrs- und Herbstmigration an insgesamt 13 Standorten auf Nord- und Ostsee bioakustische Erfassungen von Fledermäusen durchgeführt werden. Daneben sollen Schweinswal-Spierentonnen als zusätzliche Standorte etabliert werden, um das räumliche Bild des Fledermauszugs zu vervollständigen. Hierzu sind umfangreiche Anpassungen der Erfassungstechnik erforderlich.
Wie verhalten sich Fledermäuse an Offshore-Windenergieanlagen?

Offshore-Windpark - Foto: Siemens AG
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die telemetrische Erfassung der Flugrouten einzelner Fledermäuse mit Hilfe miniaturisierter VHF-Sender und automatisch arbeitender Empfänger. Auch diese Methode bedarf weit reichender Entwicklungsarbeit und soll im Rahmen des Projekts zunächst erprobt werden. Zudem sollen mit Hilfe von Wärmebildkameras Verhaltensbeobachtungen durchgeführt werden. Dadurch wird untersucht, wie sich Fledermäuse offshore während des Zuges sowie an vertikalen Strukturen wie Offshore-Windenergieanlagen verhalten und ob beispielsweise Erkundungsverhalten auftritt, welches das Risiko einer Kollision erheblich erhöhen könnte.
Aufbauend auf den Ergebnissen sollen Standardmethoden für die Basisuntersuchung und das Monitoring von Fledermäusen bei konkreten Windparkprojekten entwickelt werden, die unmittelbar in die Standarduntersuchungskonzepte der Genehmigungsbehörden integriert werden können.
Das Projekt "Batmobil" wird, wie auch das Vorgängerprojekt "Batmove" vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert.
Das Vorgängerprojekt "Batmove"
September 2016 - Fledermäuse sind nicht nur an Land zu beobachten, sie wandern ebenfalls über die Nord- und Ostsee. Doch für den Fledermauszug über dem Meer fehlen bislang die für eine belastbare Abschätzung möglicher Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen notwendigen Kenntnisse. Im Projekt „Auswirkungen von Offshore-Windparks auf den Fledermauszug über dem Meer – BATMOVE“ wird nun untersucht, ob und in welchem Ausmaß ein Kollisionsrisiko für Fledermäuse an Offshore-Windenergieanlagen besteht.
„Vorliegende Erkenntnisse zum Fledermauszug über Nord- und Ostsee wurden zu großen Teilen im Rahmen von ehrenamtlich durchgeführten Pilotstudien gewonnen oder basieren auf Zufallsbeobachtungen, die oftmals nicht in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht sind. Aus diesem Grunde gibt es keine nahezu vollständige Darstellung des aktuellen Kenntnisstandes“, berichtet Projektleiterin Antje Seebens-Hoyer.
Im Rahmen des Projektes sollen deshalb Daten zum Fledermausvorkommen und zur Fledermauswanderung im Bereich der Nord- und Ostsee, zur Wetterabhängigkeit der Beobachtungen, zu Vorhersagemöglichkeiten von Wanderungsereignissen sowie zum Verhalten von Fledermäusen an anthropogenen Strukturen und Kollisionen aus verschiedenen Quellen, wie wissenschaftlicher Literatur und verfügbaren Berichten und Publikationen sowie Daten der Beringungszentralen, zusammengestellt und mit Hilfe eines Geoinformationssystems (GIS) aufbereitet werden.
Entwicklung eines Untersuchungskonzeptes zum räumlichen und zeitlichen Vorkommen wandernder Fledermäuse
„Die Erkenntnisse zum Fledermauszug an Land sowie vorliegende Daten aus Zufallsbeobachtungen und Pilotstudien offshore lassen vermuten, dass die Fledermauswanderung über dem Meer zumindest zeitlich variabel verläuft, zum Beispiel abhängig von den Wetterbedingungen“, so Diplom-Biologin Antje Seebens-Hoyer. „Eine Abschätzung möglicher Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf Fledermäuse kann jedoch nur auf Basis belastbarer Daten zum räumlichen und zeitlichen Vorkommen von Fledermäusen im Offshore-Bereich zumindest während der Zugperioden erfolgen.“
Grundsätzlich kommen aus methodischen, logistischen und finanziellen Gründen vornehmlich Fernerkundungsmethoden zur Erfassung von Fledermäusen offshore und an Küstenstandorten in Frage. Die akustische Erfassung von Fledermäusen ist an Land etabliert und ermöglicht die Ansprache auf Art- beziehungsweise Gattungsniveau. Auch an Küstenstandorten sowie auf dem Meer bestehen erste Erfahrungen aus Pilotstudien. Daneben sind Radar- und Wärmebildsysteme grundsätzlich geeignet, Fledermäuse offshore zu erfassen. Letztere Methoden sind jedoch mit einem hohen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden, so dass mit vertretbarem finanziellem Aufwand nicht mehrere Standorte gleichzeitig mit entsprechenden Erfassungsgeräten ausgestattet werden können. Zudem ergeben sich besonders bei der Radarerfassung aber auch teilweise bei der Erfassung mit Wärmebildkameras aus größerer Entfernung methodische Probleme unter anderem bei der Unterscheidung von Vögeln, sodass diese Methoden noch sehr entwicklungsbedürftig sind.
Um mögliche Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf Fledermäuse abschätzen zu können, ist auch die Ermittlung der Herkunft der wandernden Fledermäuse und der Konnektivität (Herkunfts- und Zielorte sowie insbesondere Routen) erforderlich. Der Sommerlebensraum von Fledermäusen kann auf Basis von stabilen Isotopen im Fell bestimmt werden. Diese Methode zur Herkunftsermittlung auf Basis von Fellproben mit Netzen gefangener Fledermäuse ist hinreichend erprobt. Die Zugwege können durch Ausstattung von gefangenen Fledermäusen mit GPS-Sendern ermittelt werden. Da erst seit kurzem GPS-Sender mit ausreichend kleiner Dimensionierung und geringem Gewicht verfügbar sind, bestehen noch keine umfassenden Erfahrungen. Diese Methode bietet aber durch die quasi kontinuierliche Positionsangabe besondere Möglichkeiten zur Abschätzung des Konfliktpotentials von Offshore-Windenergieanlagen für Fledermäuse.
Erfassung von Fledermäusen in der deutschen Nord- und Ostsee während der Zugperioden
Eine Abschätzung möglicher Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf Fledermäuse setzt Kenntnisse des räumlichen und zeitlichen Vorkommens von Fledermäusen im Offshore-Bereich voraus. Ein wesentlicher Inhalt des Projektes ist deshalb, mit den entwickelten Methoden Fledermäuse über der deutschen Nord- und Ostsee während der Frühjahrs- und Herbstwanderung zu erfassen.
Außerdem soll die Übertragbarkeit von Maßnahmen zur Minderung von Kollisionen mit terrestrischen Windenergieanlagen wie Abschaltalgorithmen (gezielte Abschaltung von Windenergieanlagen in Zeiten, in denen die Kollisionswahrscheinlichkeit besonders hoch ist) untersucht werden.
Am Ende des Projektes ist eine internationale Fachveranstaltung geplant, in der die Ergebnisse vorgestellt werden.
Aktuelles aus dem PRojekt
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