Wölfe und Tierhaltung nebeneinander möglich
NABU warnt vor dem Schüren unbegründeter Ängste in der Bevölkerung
29. November 2012 - Gut eine Woche nachdem ein Wolf bei Röbel mehrere Schafe gerissen hat, sind die Schafhalter der Region noch immer verunsichert und fürchten um ihre Tiere. Obwohl diese Ängste absolut nachvollziehbar sind, begründen sie nach Ansicht des NABU Mecklenburg-Vorpommern jedoch in keiner Weise die Forderung nach einer Bejagung des Wolfes. Die agrarpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Beate Schlupp, hatte unmittelbar nach dem Vorfall gefordert, den Umgang mit dem Wolf in Mecklenburg-Vorpommern zu überdenken und sprach davon, dass selbst Naturschützer inzwischen die Bejagung von Wölfen fordern. „Hier wird der absurde Eindruck erweckt, dass es sich beim Abschuss der streng geschützten Tiere um eine Naturschutzmaßnahme handeln würde“, so NABU-Landesvorsitzender Stefan Schwill. „Diese Forderung dann noch pauschal Naturschützern zuzuschreiben, könnte fast schon als dreist bezeichnet werden.“
Wolfsrisse werden entschädigt, wenn Nutztierhalter vorsorgen
In der Nacht vom 12. auf den 13. November waren in der Nähe von Röbel in der südlichen Müritz-Region acht Schafe getötet und drei weitere verletzt worden. Ein Tier wird nach wie vor vermisst. Nach der Inaugenscheinnahme durch Rissgutachter des Landes gilt ein Wolf als wahrscheinlicher Verursacher. Laut Landwirtschaftsministerium soll der betroffene Schafhalter vom Land MV eine angemessene Entschädigung erhalten. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht sowie eine reguläre Bejagung der Wolfsvorkommen in Deutschland lehnt der NABU strikt ab. Die sehr geringe Anzahl der Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern lässt auf absehbare Zeit keine Regulierung der Tierart zu, die eine Einordnung ins Jagdrecht rechtfertigen würde. Mit dem Projekt „Willkommen Wolf“ hat sich der NABU den Schutz der Wölfe in Deutschland auf die Fahnen geschrieben. Seit 2010 gibt es auch in Mecklenburg-Vorpommern einen Managementplan für den Wolf, der den Umgang mit den Tieren regelt und z. B. Kompensationszahlungen für Schäden an Nutztieren vorsieht.
Geringer Anteil Nutztiere in Wolfsnahrung
Fest steht jedoch auch, dass Nutztiere weniger als ein Prozent der Beute von Wölfen ausmachen. Das haben Wissenschaftler des Senckenberg-Forschungsinstituts in Görlitz herausgefunden, indem sie die Fressgewohnheiten von Wölfen innerhalb der ersten acht Jahre nach ihrem Erscheinen in Deutschland untersuchten. Demnach stellen wilde Huftiere, vor allem Rehe, mehr als 96 Prozent der Beutetiere. Deshalb sieht der NABU die Aussagen von CDU-Politikerin Schlupp äußerst kritisch: In einem Beitrag der CDU-Landtagsfraktion heißt es, eine Tierhaltung im Freiland wäre in Zukunft kaum noch möglich, sollte sich der Wolf in Mecklenburg-Vorpommern in Größenordnungen etablieren. „Hier werden Ängste geschürt, die völlig unberechtigt sind“, so NABU-Vorsitzender Schwill. Zumal bisher lediglich drei Einzeltiere in vier unterschiedlichen Regionen des Landes nachgewiesen worden sind.
Miteinander von Mensch und Natur statt dumme Hetze und blanker Hass
Dass das Vorkommen von Wölfen ein gewisses Konfliktpotential birgt, ist unbestritten. Gerade die Ängste und Sorgen von Nutztierhaltern und der Bevölkerung nimmt der NABU sehr ernst und setzt sich für entsprechende Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und Konfliktbewältigung ein. Vordringlichstes Ziel muss die Vermeidung von Schäden sein. Diese können durch einen effektiven Schutz von Nutz- und Heimtieren auf ein Minimum reduziert werden. Auch wenn ein hundertprozentiger Schutz kaum möglich sein wird, belegt die bisher in anderen Wolfsregionen erreichte Reduzierung von Schäden, dass das Vorkommen von Wölfen und Tierhaltung in derselben Region miteinander vereinbar sind. So haben sich geeignete Zäune, Herdenschutzhunde und temporäre Stallhaltung als Schutzmaßnahmen bewährt. Das Landwirtschaftsministerium hat nun noch einmal alle Tierhalter in der südlichen Müritz-Region gebeten, ihre Herden verantwortlich zu schützen und bietet in diesem Zusammenhang individuelle Beratungen an.
Voraussetzung für das konfliktarme Zusammenleben von Wölfen und Menschen ist Respekt vor dem wildlebenden Tier und ausreichende Informationen zu seinem Verhalten, Vorkommen und dem Umgang mit ihm. Menschen müssen respektieren, dass Wölfe Wildtiere sind und sich entsprechend verhalten.
Weitere Informationen
Im April 2013 hat das zuständige Ministerium in Mecklenburg-Vorpommern eine neue Förderrichtlinie zu Prävention und Ausgleich wirtschaftlicher Schäden an Haus- und Nutztieren durch freilebende Wölfe in Kraft gesetzt. Mehr →
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Mehr Akzeptanz für den Wolf: Der NABU möchte der Vorurteile, Sorgen und Ängste in der Bevölkerung abbauen. Mehr →