Mellenthiner Heider
Heimat von Heidelerche, Ziegenmelker und Zauneidechse
Die einst landschaftsprägenden Heidegebiete mit ihrer charakteristischen Pflanzen- und Tierwelt sind außerhalb von militärischen Liegenschaften und Bergebaufolgelandschaften aus unserer Landschaft bis auf wenige, inselartige Restflächen verschwunden. Sie wurden im Verlauf der letzten 200 Jahre weitgehend aufgeforstet. Andere dieser Lebensräume verschwanden im Zuge der massiven Ausräumung der Landschaft durch die Großflächenlandwirtschaft der DDR. Einige dieser Flächen aber wurden auf Grund örtlicher Gegebenheiten selbst zu Zeiten der Höchstertragskonzeption der DDR-Landwirtschaft nicht genutzt. Hinzu kamen nach 1990 vielerorts Äcker auf sog. „Grenzstandorten“, die aus der regulären Ackernutzung genommen wurden, da sie offenkundig unrentabel waren. Auf ihnen konnte sich die typische Artengemeinschaft der Heiden, Trocken – und Magerrasen entwickeln und bis heute halten.
Doch diese Flächen sind gefährdet. In den letzten 20 Jahren wurden eine Reihe wirtschaftlicher Faktoren bedeutsam, die eine zunehmende Gefahr für ihren Bestand darstellen. In erster Linie handelt es sich dabei um Aufforstungen, Erholungsnutzungen, und die (Wieder-) Einbeziehung in die landwirtschaftliche Nutzung. Darüber hinaus bedroht die zunehmende Flächenspekulation der letzten Jahre diese Lebensräume.
Heideflächen und Magerrasen nennenswerter Ausdehnung finden sich auf Usedom nur noch im Süden der Insel, im Bereich der großen Sanderschüttungen von Usedomer Forst und Mellenthiner Heide. Vor allem im südlichen Randbereich der Mellenthiner Heide befanden sich ehemals große, zusammenhängende Bereiche mit Ackerbrachen und Heideflächen, die heute mehr und mehr verbuschen. Für die Vorkommen typischer Tier- und Pflanzenarten der Trocken- und Magerrasen sind sie desto bedeutsamer, je extensiver sie in der Vergangenheit genutzt wurden.
Einige kleinere Teilflächen im Südosten der Mellenthiner Heide gehören auf Usedom zum Verbreitungsschwerpunkt der Vogelarten Heidelerche, Neuntöter und Ziegenmelker. Sie sind alle entsprechend der Europäischen Vogelschutzrichtlinie geschützt. Daneben hat auf diesen Flächen auch die Zauneidechse, die entsprechend der europäischen Fauna-Flora-Habitat(FFH)-Richtlinie geschützt ist, noch stabile Vorkommen.
Um für diese bedrohten Arten Rückzugsorte zu schaffen, hat der NABU vor kurzem eine etwa 7,8 ha große Fläche in der Mellenthiner Heide erworben. Unter Trägerschaft des NABU wurde hier ein vom Land und der EU gefördertes Projekt umgesetzt, um neue Lebensräume für die bedrohten Arten zu schaffen.
Die Maßnahmen umfassten dabei zunächst eine sogenannte Erhöhung der Strukturvielfalt. So benötigt die Zauneidechse Steinhaufen als Sonnplätze. In den Nischen zwischen den Steinen kann sie sich außerdem bei Gefahr zurückziehen und in noch tieferen Schichten überwintern. Mehrere solcher Steinhaufen wurden auf der Projektfläche platziert. Dabei wurden viele Tonnen unterschiedlich großer Steine aus der nahen Umgebung herangefahren und die Steinhaufen unter Beratung des Herpetologen (Spezialist für Amphibien und Reptilien) Falk Ortlieb in zuvor ausgehobene, flache Mulden abgelegt.
Eine weitere wichtige Maßnahme besteht darin, die Vegetation der Fläche niedrig zu halten. Wird sie nämlich von hochwüchsigen Stauden wie Beinwell, Brennnesseln oder Disteln oder gar Gehölzen eingenommen, ist sie für die Zauneidechse, die als wechselwarmes Tier sonnige und offene Landschaften benötigt, nicht mehr geeignet.
Verbuschung und Wiederaufforstung von Offenlandstandorten zählen daher zu den Hauptgefährdungsursachen dieser Art. Um dem entgegenzuwirken, wurde ein langfristiger Vertrag mit einem örtlichen Landwirt geschlossen, der die Fläche nun mit Schafen beweidet.
Die Erfolge der Maßnahmen sind bereits jetzt gut sichtbar. Die Steinhaufen wurden unmittelbar von den Zauneidechsen als Habitat angenommen, oft können mehrere Tiere gleichzeitig dort beobachtet werden. Auch die für Magerrasen typischen Pflanzenarten wie Kleines Habichtskraut, Gemeine Grasnelke oder Sand-Thymian haben sich wieder eingestellt und breiten sich aus. Mit ihnen kommen die an sie angepassten Insekten. Dazu gehören unter anderem viele Wildbienenarten, die in den durch die Schafe offengehaltenen Sandboden ihre Brutröhren graben. Die zahlreichen Insekten wiederum dienen sowohl der Zauneidechse als auch den geschützten Vogelarten als Nahrung.
Mehr Zum Projekt
Der NABU widmet sich in einem aktuellen Projekt intensiv dem Schutz und der Verbesserung der Lebensräume in ausgewählten Gebieten. Über deren Besonderheiten sowie Maßnahmen zu Erhalt und Verbesserung berichten wir hier. Mehr →
Der NABU hat im Rahmen eines vom Land geförderten Naturschutzprojektes Heideflächen auf Usedom und deren typische Strukturelemente wie Steinhaufen und Trockenmauern wiedergestellt. Ziel ist der Erhalt von Lebensräumen für Zauneidechse, Heidelerche & Co. Mehr →