Giftskandal an der Peene
Umweltverbände beantragen Akteneinsicht bei Behörden
11. September 2015 - In der vergangenen Woche wurde tagelang Ethanol vom Gelände der Anklamer Zuckerfabrik in die Peene eingeleitet. Die Folge war ein massenhaftes Fischsterben. „Es waren Bürger, die am 31. August die Einleitung von giftigem Ethanol in die Peene entdeckten und als Ursache für das Fischsterben identifizierten. Seitdem wird immer deutlicher, dass dies offensichtlich nur die Spitze einer Reihe von langanhaltenden Unzulänglichkeiten in der behördlichen Umweltüberwachung im Bereich der Zuckerfabrik Anklam war“, sagt Stefan Schwill, Landesvorsitzender des NABU Mecklenburg-Vorpommern.
Die Zuckerfabrik wurde in den letzten Jahren stückweise erweitert und durch weiterverarbeitende Anlagen ergänzt. Ein Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gab es jedoch nicht. Auch hinsichtlich der Klärteiche, die sich mit Beginn der neuen Zuckerrübenverarbeitung am 16. September wieder mit hochbelasteten Abwässern füllen werden, gibt es inzwischen massive Sicherheitsbedenken der Anlieger. „Es ist unabdingbar, dass die zuständigen Behörden für einen umweltgerechten und gesetzeskonformen Betrieb der Zuckerfabrik mit ihren nachgelagerten Anlagen sorgen“, sagt Ulrich Stöcker, Leiter Naturschutz bei der Deutschen Umwelthilfe: „Nur so können die davon abhängigen Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und diejenigen im naturnahen Tourismus auf Dauer erhalten werden.“
Mit der jetzt gemeinsam beantragten Akteneinsicht wollen NABU, BUND und DUH Transparenz in die nur schleppende verlaufende Aufklärungsarbeit bringen, betont Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND Mecklenburg-Vorpommern und fügt hinzu: „In dieser sensiblen und in Deutschland einmaligen Flusslandschaft muss es erst recht eine lückenlose und den Gesetzen entsprechende Überwachung von Industrieanlagen dieser Größenordnung durch die Behörden geben.“
Hintergrund:
Bei den Daten über den ökologischen Zustand der Peene sowie über die in sie eingeleiteten gewässergefährdenden Stoffe handelt es sich um sogenannte „Umweltinformationen“. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt in Stralsund ist als informationspflichtige Stelle nach dem Landes-Umweltinformationsgesetz Mecklenburg-Vorpommern dazu verpflichtet, jeder Person freien Zugang zu diesen Umweltinformationen zu gewähren. Als Vereine und juristische Personen gehören dazu auch die beiden Landesverbände von NABU und BUND sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Diese setzt sich gemeinsam mit der polnischen Tourismusorganisation Stepnicka Organizacja Turystyczna und dem Transnationalen Netzwerk Odermündung e.V. HOP für eine nachhaltige Entwicklung in der Region rund um das Stettiner Haff ein. Das Gebiet ist seit Juni unter dem Namen „Oder-Delta“ das erste und einzige der internationalen Initiative Rewilding Europe in Deutschland, die Teile der Landschaft am Haff der freien Entfaltung von Wildtierpopulationen widmet und daraus hochwertige saison-unabhängige Naturerlebnisangebote entwickelt. Die Flusslandschaft des Peenetals ist zu einer der bekanntesten Natur-Tourismus-Destinationen in Europa geworden und leistet einen wesentlichen Beitrag für die regionale Wirtschaft.
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